Archivo General de Indias

Kathedrale, Alcázar und Archivo General de Indias in Sevilla
UNESCO-Welterbe UNESCO-Welterbe-Emblem

Indienarchiv in Sevilla
Vertragsstaat(en): Spanien Spanien
Typ: Kultur
Kriterien: i, ii, iii, vi
Fläche: 12 ha
Referenz-Nr.: 383
UNESCO-Region: Europa und Nordamerika
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 1987  (Sitzung 11)
Treppenaufgang
Gang des Archivs
Innenhof des Archivs

Das Archivo General de Indias (deutsch kurz „Indienarchiv“) ist ein Zentralarchiv des spanischen Staates, das Dokumente mit Bezug zum spanischen Kolonialreich (also Spanisch-Amerika und die Philippinen) sammelt. Es ist seit 1785[1] in dem von Juan de Herrera[1] entworfenen Gebäude der ehemaligen Börse[1] von Sevilla – der Casa Lonja de Mercaderes – untergebracht und gilt als das umfassendste und bedeutendste Archiv für die spanische Kolonialzeit. Im Jahr 1987 wurden sowohl das Gebäude selbst als auch der Archivbestand von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Gründung des Archivs

Das Archivo General de Indias wurde im Jahre 1785 auf königlichen Erlass von Karl III. hin gegründet, der verfügte, dass das Archiv des Indienrates (Consejo de Indias) nunmehr im zweigeschossigen Gebäude der auf Anordnung Philipps II. in den Jahren 1584 bis 1598 im Renaissance-Stil errichteten Börse von Sevilla, der Casa Lonja de Mercaderes, unterzubringen sei. Das Gebäude hatte ab 1660[1] Bartolomé Esteban Murillo[1] als Kunstakademie gedient. Den Anstoß für diese Gründung des Archivs gab der damalige Minister für die spanischen Kolonien, José de Gálvez y Gallardo, der mit der Projektdurchführung wiederum Juan Bautista Muñoz beauftragte, einen Historiker, der als bedeutendster spanischer Kosmograph des spanischen Kolonialreichs seiner Zeit galt. Ziel des Unterfangens war es, alle Dokumente, die einen Bezug zu den spanischen Kolonien aufwiesen, unter einem Dach zu versammeln – diese waren bis dahin auf mehrere Archive verteilt gewesen, in erster Linie denen von Simancas, Cádiz und Sevilla. Dabei spielten sowohl der Platzmangel in den bestehenden Archiven eine Rolle als auch die Hoffnung, auf diese Weise – ganz im Geist der Aufklärung – eine Aufarbeitung der spanischen Kolonialgeschichte anzustoßen.

Bestand

Als Datum für die Archivierung wurde das Jahr 1760 festgesetzt, d. h. alle Dokumente, die nach 1760 entstanden, verblieben in ihren ursprünglichen Einrichtungen. Die ersten Dokumente wurden im Oktober 1785 aus dem Archiv von Simancas in das neu gegründete Zentralarchiv in Sevilla überführt.

Im Archvio General de Indias wurden u. a. die Bestände folgender Institutionen aufgenommen:

  • Consejo de Indias, Dokumente aus dem 16.–19. Jahrhundert
  • Casa de Contratación, Dokumente aus dem 16.–18. Jahrhundert
  • Consulados de Sevilla y Cádiz, Dokumente aus dem 16.–19. Jahrhundert
  • Secretarías de Estado y Despacho Universal de Indias, de Estado, Gracia y Justicia, Hacienda y Guerra, Dokumente aus dem 18.–19. Jahrhundert
  • Secretaría del Juzgado de Arribadas de Cádiz, Dokumente aus dem 18.–19. Jahrhundert
  • Comisaría Interventora de la Hacienda Pública de Cádiz, Dirección General de la Renta de Correos, Dokumente aus dem 18.–19. Jahrhundert
  • Sala de Ultramar del Tribunal de Cuentas, Dokumente aus dem 19. Jahrhundert
  • Real Compañía de la Habana, Dokumente aus dem 18.–19. Jahrhundert

Das Archiv versammelt zahllose Dokumente zu allen Aspekten des spanischen Kolonialreiches, aus der Zeit der ersten Konquistadoren bis zum 19. Jahrhundert. Hier werden äußerst kostbare Originaldokumente aufbewahrt, wie z. B. die päpstlichen Bulle Inter caetera von Papst Alexander VI., die die Welt zwischen Kastilien und Portugal aufteilte, oder die von Bartolomé de Las Casas angefertigte Kopie des Bordbuchs des Christoph Kolumbus.

Ebenfalls zum Bestand gehört eine Sammlung des indigenen Sprachvokabulars aus der Neuen Welt, welche ins Spanische übersetzt wurde. Diese Sammlung wurde im Jahr 2015 von der UNESCO zum Weltdokumentenerbe erklärt.[2]

Heute

Insgesamt umfasst der Bestand rund 43.000[1] Aktenbündel zu je durchschnittlich 1.000[1] meist beidseitig handbeschriebenen Blättern, die sich auf 80 Millionen Seiten und 9[1] Regalkilometer erstrecken. Weiter zählt das Archiv rund 7.000[1] alte Karten. Das Archiv steht allen Personen offen, die ein legitimes Forschungsinteresse nachweisen können und im Besitz eines gültigen Benutzerausweises sind. Die Arbeitsräume der Forscher und Archivare sind mittlerweile aus der Casa Lonja ausgelagert und in einem nahen Gebäude untergebracht.

In den Jahren 2002 bis 2004 wurde das Gebäude einer umfangreichen Sanierung und Restaurierung unterzogen. Im Jahr 2005 wurde ein Digitalisierungsprojekt ins Leben gerufen, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Bestand des Archivs im Internet verfügbar zu machen.

Siehe auch

Literatur

  • Ursula Schulz-Dornburg (Fotografin), Martin Zimmermann (Text): Die Teilung der Welt: Zeugnisse der Kolonialgeschichte, Berlin : Verlag Klaus Wagenbach 2020, ISBN 978-3-8031-3697-8 (Band mit Dokumentarfotographie über das Archiv)

Weblinks

Commons: Archivo General de Indias – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Portada del Archivo General de Indias (spanisch)

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Maria Anna Hälker: DuMont Reise-Taschenbuch Andalusien. 1. Auflage. DuMont Reiseverlag, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7701-7210-8, S. 78. 
  2. Indigenous language vocabulary from the New World translated into Spanish. UNESCO Memory of the World, abgerufen am 1. September 2017 (englisch). 

Historische Stadtzentren:
Alcalá de Henares mit Universität (1998) | Ávila mit Kirchen außerhalb der Stadtmauer (1985) | Cáceres (1986) | Córdoba mit Moschee-Kathedrale (1984) | Cuenca (1996) | Granada mit Alhambra und Generalife-Palast (1984) | Salamanca (1988) | San Cristóbal de La Laguna (1999) | Santiago de Compostela (1985) | Segovia mit Aquädukt (1985) | Toledo (1986)

Bauwerke:
Bergwerk Almadén (2012) | Architektur der Mudéjaren in Aragón (1986) | Baudenkmäler von Oviedo und des Königreiches Asturien (1985) | Escorial in Madrid (1984) | Herkulesturm (2009) | Kathedrale von Burgos (1984) | Kathedrale, Alcázar und Archivo General de Indias in Sevilla (1987) | Kirchen der Katalanischen Romanik im Vall de Boí (2000) | Kloster Poblet (1991) | Klöster San Millán de Yuso und de Suso (1997) | Königliches Kloster Santa María de Guadalupe (1993) | Monumentale Ensembles der Renaissance von Úbeda und Baeza (2003) | Palau de la Música Catalana und Hospital de la Santa Creu i Sant Pau in Barcelona (1997) | Biscaya-Brücke (2006) | Römische Stadtmauern von Lugo (2000) | Seidenbörse von Valencia (1996) | Werke von Antoni Gaudí (1984)

Archäologische Stätten:
Atapuerca (2000) | Dolmen von Antequera (2016) | Felskunst des Mittelmeerbeckens auf der Iberischen Halbinsel (1998) | Altamira-Höhle und paleolithische Höhlenkunst von Nordspanien (1985) | Las Médulas (1997) | Madīnat az-zahrāʾ (2018) | Mérida (1993) | Siega Verde * (2010) | Tarraco (2000)

Kultur- und Naturlandschaften:
Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas (2017, N) | Aranjuez (2001, K) | Ibiza (1999, K/N) | Monte Perdido (1997, K/N) | Nationalpark Doñana (1994, N) | Nationalpark Garajonay (1986, N) | Nationalpark Teide (2007, N) | Palmenhain von Elche (2000, K) | Paseo del Prado und Buen Retiro (2021, K) | Pilgerwege nach Santiago de Compostela: Camino Francés und die Routen Nordspaniens (1993, K) | Serra de Tramuntana (2011, K)

* Erweiterung der archäologischen Stätten im Vale do Côa, Portugal;

Normdaten (Körperschaft): GND: 1044969-3 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n80152906 | VIAF: 128438625

37.384722222222-5.992777777777810Koordinaten: 37° 23′ 5″ N, 5° 59′ 34″ W