Peter Iden

Peter Iden, 2013 in Frankfurt am Main

Peter Iden (* 11. September 1938 in Meseritz, Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen) ist ein deutscher Theater- und Kunstkritiker.

Leben und Werk

Idens Familie floh vor der Roten Armee in die britische Besatzungszone und ließ sich in Lauenburg an der Elbe nieder. Dort wuchs Iden auf und besuchte den humanistischen Zweig des Gymnasiums Johanneum in Lüneburg. Ab 1955 verbrachte er zwei Jahre bei einer Gastfamilie in Kalifornien. Nach seinem Umzug nach Frankfurt, wo sein Großvater ein Bauunternehmen besaß,[1] und seinem Abitur 1958 an der Frankfurter Helmholtzschule studierte Peter Iden an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Philosophie,[2] Geschichte und Theaterwissenschaften. Er hörte Vorlesungen bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, besonders beeindruckte ihn jedoch der Neukantianer Wolfgang Cramer. Er setzte sein Studium an der Universität Wien fort, da das dortige Archiv von Richard Hönigswald sein Interesse fand. In Wien war Iden unter anderem mit den damaligen Avantegarde-Künstlern Arnulf Rainer und Markus Prachensky befreundet.[3]

Seit 1961 schrieb Iden journalistische Beiträge, angeregt durch den damaligen Kulturchef Erich Lissner, vor allem für die Frankfurter Rundschau. Um die gleiche Zeit lernte Iden in Frankfurt den Theaterregisseur Erwin Piscator kennen, wurde dessen Assistent und reiste mit ihm zwei Jahre durch Deutschland. Angeregt durch Piscator organisierte er mit dem Theaterverleger Karlheinz Braun von 1966 bis 1971 im Theater am Turm die „Experimenta“, die als eines der ersten internationalen Festivals für experimentelles Theater in Deutschland gilt.[4] Iden gehörte 1972 zum Organisationskomitee der von Harald Szeemann kuratierten Documenta 5. Unter dem gleichen Titel Experimenta leitete er 1972 mit Braun auf der Documenta eine ähnliche Veranstaltung.[5] Im gleichen Jahr wurde er Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.[6]

Von 1978 bis 1987 war er mit Heinrich Klotz und Hilmar Hoffmann an der Gründung und am Aufbau des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt am Main beteiligt[7] und war dessen Gründungsdirektor. Durch den Teilerwerb der Sammlung des Darmstädter Unternehmers Karl Ströher sicherte er 1981 dem Museum mit 87 Bildern, Plastiken, Objekten und Environments der amerikanischen Pop-Art, Minimal Art und einiger wichtiger europäischer Künstler einen wertvollen Grundstock. Ab 1982 war Iden Professor für Theater- und Kunsttheorie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main[2] und Leiter der Abteilung Schauspiel.

Als Kulturjournalist bekannt geworden ist Iden als Theater- und Kunstkritiker der Frankfurter Rundschau, für die er im Laufe der Jahre mehr als 3000 Beiträge verfasste. Er war leitender Redakteur und von 1993 bis 2000 Feuilletonchef (Redaktionskürzel „P.I.“) der Frankfurter Rundschau.[2]

2009 war Iden Sprecher der Kuratoren, die die viel beachtete Ausstellung „Sechzig Jahre. Sechzig Werke – Kunst aus der Bundesrepublik Deutschland“[8] im Martin-Gropius-Bau in Berlin zusammenstellten.[9]

Iden ist Autor und Herausgeber zahlreicher Schriften über das zeitgenössische Theater und die Gegenwartskunst,[10] 1995 wurde er mit der Goethe-Plakette des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst und 2006 mit der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet.

Er lebt in Frankfurt am Main und am Gardasee.

Schriften

  • Gesellschaft – was ist das? Szenen aus dem zeitgenössischen Leben. Athenäum, Königstein 1985, ISBN 3-7610-8376-9.
  • Jedes Bild ist eine Wirklichkeit selber. In: Peter Iden, Rolf Lauter: Bilder für Frankfurt. Bestandskatalog des Museums für Moderne Kunst. Prestel, München 1985, ISBN 3-7913-0702-9, S. 11–22.
  • Vom Glück, ein Künstler zu sein. Interviews. Kerber, Bielefeld / Leipzig 2009, ISBN 978-3-86678-174-0.
  • Roland Spahr (Hrsg.): Peter Iden: Der verbrannte Schmetterling. Wege des Theaters in die Wirklichkeit. Europäische Verlagsanstalt (EVA), Hamburg 2010, ISBN 978-3-434-50630-0 (Aufsatzsammlung 1963 bis 2005).
  • Ingrid Mössinger, Anja Richter (Hrsg.): Die Macht der Bilder – Texte zur Kunst der Gegenwart 1962–2019. Wienand, Köln 2019, ISBN 978-3-86832-535-5.

Literatur

  • Hilmar Hoffmann: Erinnerungen: Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-39784-2, S. 173 ff.

Weblinks

Commons: Peter Iden – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Christian Thomas: Standbein, Spielbein. In: Frankfurter Rundschau. 11. September 2013, abgerufen am 21. Mai 2020. 
  2. a b c Peter Iden - 1 Buch - Perlentaucher. Abgerufen am 21. Mai 2020. 
  3. Jonas Englert: PETER IDEN | ZOON POLITIKON. Ein autobiografisches Filmporträt. Abgerufen am 22. Mai 2020 (deutsch). 
  4. Das TAT ist tot - ein Rückblick. Abgerufen am 21. Mai 2020. 
  5. Café Deutschland. Im Gespräch mit PETER IDEN. Abgerufen am 21. Mai 2020. 
  6. Sven Hanuschek: Geschichte des bundesdeutschen PEN-Zentrums von 1951 bis 1990. Walter de Gruyter, 2013, ISBN 978-3-11-091065-0 (google.de [abgerufen am 21. Mai 2020]). 
  7. Peter Iden, Rolf Lauter: Hans Hollein: Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main: Publikation zum Richtfest am 13. Juli 1988 / Museum of Modern Art, Frankfurt am Main. Notes on the occasion of the roofing ceremony on July 13th 1988, Frankfurt am Main 1988, OCLC 815880967.
  8. Stiftung für Kunst und Kultur e. V.: 60 Jahre – 60 Werke. Abgerufen am 25. Mai 2020 (deutsch). 
  9. Sechzig Jahre. Sechzig Werke. Kunst aus der Bundesrepublik Deutschland von ’49 bis ’09 | Kalender | Monopol - Magazin für Kunst und Leben. Abgerufen am 25. Mai 2020. 
  10. Ingrid Mössinger, Anja Richter (Hrsg.): Peter Iden: Die Macht der Bilder – Texte zur Kunst der Gegenwart 1962–2019. Wienand, Köln 2019, ISBN 978-3-86832-535-5.

Thomas Mann, Albert Schweitzer, Julius Petersen (1932) | William Butler Yeats (1934) | Georg Kolbe (1937) | Leo Frobenius (1938) | Anton Kippenberg (1939) | Hans Pfitzner (1940) | Friedrich Bethge (1941) | Wilhelm Schäfer (1943) | Otto Hahn (1944) | Franz Volhard, Gustav Mori, Franz Schultz (1947) | Georg Hartmann (1948) | André Gide, Adolf Grimme, José Ortega y Gasset, Gerhard Marcks, Friedrich Meinecke, Robert Maynard Hutchins, Victor Gollancz, Carl Jacob Burckhardt (1949) | Friedrich Dessauer, Friedrich Witz, Richard Merton, Alexander Rudolf Hohlfeld, Boris Rajewsky, Ernst Robert Curtius, Jean Angelloz, Leonard Ashley Willoughby (1951) | Bernhard Guttmann, Ludwig Seitz, John Jay McCloy (1952) | Max Horkheimer, Fritz Strich (1953) | August de Bary, Karl Kleist, Richard Scheibe, Rudolf Alexander Schröder (1954) | Andreas Bruno Wachsmuth, Fritz von Unruh, Ferdinand Blum, Paul Hindemith, Hanns Wilhelm Eppelsheimer (1955) | Peter Suhrkamp, Carl Mennicke, Josef Hellauer, Paul Tillich (1956) | Helmut Walcha, Kasimir Edschmid, Benno Reifenberg, Gottfried Bermann Fischer, Rudolf Pechel (1957) | Otto Bartning, Friedrich Lehmann, Werner Bock, Martin Buber, Helmut Coing (1958) | Cicely Veronica Wedgwood, Thornton Wilder, Herman Nohl, Jean Schlumberger, Sir Sarvepalli Radhakrishnan, Yasunari Kawabata (1959) | Alfred Petersen, Arthur Hübscher, Franz Böhm (1960) | Vittorio Klostermann (1961) | Edgar Salin (1962) | Theodor W. Adorno, Fried Lübbecke, Karl Winnacker (1963) | Harry Buckwitz (1964) | Carl Orff (1965) | Marie Luise Kaschnitz, Heinrich Troeger, Ferdinand Hoff (1966) | Carl Tesch, Werner Bockelmann, Wilhelm Schöndube, Wilhelm Schäfer (1967) | Kurt Hessenberg (1973) | Ljubomir Romansky, Waldemar Kramer (1974) | Albert Richard Mohr (1976) | Siegfried Unseld, Oswald von Nell-Breuning SJ (1977) | Paul Arnsberg (1978) | Wulf Emmo Ankel, Christoph von Dohnányi, Erich Fromm (postum verliehen 1979) (1981) | Horst Krüger, Walter Hesselbach, Rudolf Hirsch, Fuat Sezgin (1980) | Wilhelm Kempf, Sir Georg Solti (1981) | Leo Löwenthal, Bruno Vondenhoff (1982) | Harald Keller (1983) | Marcel Reich-Ranicki (1984) | Alfred Grosser (1986) | Joachim Fest (1987) | Jörgen Schmidt-Voigt (1988) | Dorothea Loehr, Alfred Schmidt, Dolf Sternberger (1989) | Eva Demski, Hilmar Hoffmann (1990) | Albert Mangelsdorff (1991) | Iring Fetscher, Willi Ziegler (1992) | Liesel Christ, Walter Weisbecker, Ludwig von Friedeburg (1994) | Heinrich Schirmbeck, Emil Mangelsdorff, Wolfram Schütte (1995) | Christiane Nüsslein-Volhard, Walter Boehlich (1996) | Walter H. Pehle, Hans-Dieter Resch (1997) | Anja Lundholm, Christoph Vitali, Peter Weiermair (1998) | Arno Lustiger, Johann Philipp von Bethmann (1999) | Karl Dedecius, Michael Gotthelf (2000) | Ernst Klee, Hans-Wolfgang Pfeifer (2001) | Horst-Eberhard Richter, Peter Eschberg, Heiner Goebbels, Oswald Mathias Ungers (2002) | Christa von Schnitzler, Albert Speer junior, Chlodwig Poth, Jean-Christophe Ammann, Franz Mon (2003) | Ferry Ahrlé, Monika Schoeller (2004) | Henriette Kramer, Gerhard R. Koch (2005) | Eliahu Inbal, Peter Iden (2006) | Thomas Bayrle, Carmen-Renate Köper (2007) | Frank Wolff, E. R. Nele (2008) | Peter Kurzeck, Rosemarie Fendel (2009) | Klaus Reichert (2010) | Hans-Klaus Jungheinrich, Dieter Buroch (2011) | Felix Mussil, Mischka Popp, Thomas Bergmann (2012) | Paulus Böhmer, Peter Cahn (2013) | Hans Traxler, Thomas Gebauer, Wilhelm Genazino (2014) | Martin Mosebach, Sven Väth (2015) | Tobias Rehberger, Bettina von Bethmann (2016) | Claus Helmer, Moses Pelham (2017) | Max Weinberg (posthum) (2018) | Bodo Kirchhoff, Effi B. Rolfs, Max Hollein (2019) | Silke Scheuermann, Burkard Schliessmann (2020) | Hans Zimmer, Sandra Mann (2021) | Sabine Fischmann, Volker Mosbrugger (2022) | Anne Imhof, Michel Friedman (2023) | Margareta Dillinger, Bernd Loebe (2024)

Normdaten (Person): GND: 117092231 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n84092098 | VIAF: 268362512 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Iden, Peter
KURZBESCHREIBUNG deutscher Theater- und Kunstkritiker, Hochschullehrer
GEBURTSDATUM 11. September 1938
GEBURTSORT Meseritz, Grenzmark Posen-Westpreußen