Kurt von Fritz

Karl Albert Kurt von Fritz (* 25. August 1900 in Metz; † 16. Juli 1985 in Feldafing) war ein deutscher klassischer Philologe.

Leben

Der Sohn des im Januar 1900 geadelten preußischen Oberstleutnants Adolf von Fritz interessierte sich schon als Schüler für antike Philosophie und Literatur. Er besuchte zunächst die Kadettenanstalt in Lichterfelde. 1914 wechselte er aus Gesundheitsgründen auf ein Realgymnasium in Freiburg im Breisgau, wo er 1918 das Abitur ablegte. Nach kurzem Kriegsdienst als Fähnrich der Artillerie nahm er in Freiburg und München trotz einer ausgeprägten Neigung zur Mathematik und zur Philosophie das Studium der Klassischen Philologie auf. Eine Vorlesung von Eduard Schwartz 1919 über den griechischen Historiker Thukydides sollte prägend für sein weiteres Leben und sein künftiges Forschungsinteresse sein. Der Chronist des Peloponnesischen Krieges beschreibt den Sturz aus der Zivilisation in die Barbarei. Kurt von Fritz belegte danach Philosophie, Arabisch und Mathematik. Als Schwartz einen Ruf an die Universität München erhielt, folgte er ihm und wurde bei ihm 1923 mit einer Arbeit über Diogenes von Sinope promoviert. 1927 habilitierte er sich in München über Demokrit. Am 26. November 1931 heiratete von Fritz Luise Eickemeyer, die Schwester des Architekten Manfred Eickemeyer (der 1942 Hans Scholl und Freunden der Widerstandsgruppe Weiße Rose sein Atelier vermietete). 1931 ging von Fritz als Assistent von Ernst Kapp nach Hamburg, 1933 erhielt er schließlich einen Ruf auf eine außerordentliche Professur für Griechisch an der Universität Rostock.

Von Fritz war neben Karl Barth der einzige Hochschullehrer in Deutschland, der 1934 den Diensteid auf Adolf Hitler verweigerte und in den zwangsweisen Ruhestand versetzt wurde. Er konnte den nach dem Tod Hindenburgs für alle Staatsbediensteten vorgeschriebenen Eid nicht mit seiner Freiheit als Wissenschaftler vereinen. Von Fritz hoffte, dass sich weitere Hochschullehrer seinem Protest gegen den Führungsanspruch der nationalsozialistischen Ideologie anschließen würden, sah sich aber isoliert und wurde im April 1935 zwangspensioniert. Er zog nach München, wo ihm nach einer Denunziation aber die Benutzung der Bayerischen Staatsbibliothek verweigert wurde. Von Fritz ging Anfang 1936 nach Oxford, wo er Dozent am Corpus Christi College wurde, und noch im selben Jahr in die USA. Dort lehrte er zunächst am Reed College in Portland (Oregon), ab 1937 an der Columbia University.

1954 kehrte Kurt von Fritz nach Deutschland zurück, zunächst an die Freie Universität Berlin. Von 1958 bis zu seiner Emeritierung 1968 lehrte er an der Universität München.

Ehrungen

Kurt von Fritz war seit 1959 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und seit 1962 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie seit 1973 der British Academy.[1] 1981 erhielt von Fritz den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Nach ihm wurde der Kurt-von-Fritz-Preis für NachwuchswissenschaftlerInnen der Friedrich-Ebert-Stiftung benannt,[2] ebenso das Kurt-von-Fritz-Wissenschaftsprogramm des Landes Mecklenburg-Vorpommern.[3]

Werk

Kurt von Fritz hinterließ ein Œuvre von mehr als 260 Publikationen, darunter 15 Bücher, in denen er griechische Philosophie, Naturwissenschaften, Dichtung und Historiographie, antike Staatstheorie und römische Literatur behandelte. Im Zentrum steht dabei immer wieder die Frage nach einem gerechten Staatswesen, was vor allem in seinen Veröffentlichungen über Platon und die aristotelischen Schriften deutlich wird.

Schriften (Auswahl)

  • Philosophie und sprachlicher Ausdruck bei Demokrit, Plato und Aristoteles. Stechert, New York u. a. 1938.
  • Antike und moderne Tragödie. Neun Abhandlungen. De Gruyter, Berlin 1962.
  • Die griechische Geschichtsschreibung. Band 1[4]: Von den Anfängen bis Thukydides. 2 Teilbände (Tlbd. 1: Text. Tlbd. 2: Anmerkungen). de Gruyter, Berlin 1967.
  • Grundprobleme der Geschichte der antiken Wissenschaft. de Gruyter, Berlin u. a. 1971, ISBN 3-11-001805-5.
  • The Relevance of Ancient Social and Political Philosophy for our Times. A Short Introduction to the Problem. de Gruyter, Berlin u. a. 1974, ISBN 3-11-004859-0.
  • Schriften zur griechischen und römischen Verfassungsgeschichte und Verfassungstheorie. de Gruyter, Berlin u. a. 1976, ISBN 3-11-006567-3.
  • Schriften zur griechischen Logik (= Problemata. Bd. 70–71). 2 Bände (Bd. 1: Logik und Erkenntnistheorie. Bd. 2: Logik, Ontologie und Mathematik). Frommann-Holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt 1978, ISBN 3-7728-0685-6 (Bd. 1), ISBN 3-7728-0687-2 (Bd. 2).

Literatur

  • Wolfgang Bernard: Der verweigerte Eid: Der Gräzistikprofessor Kurt von Fritz. In: Gisela Boeck, Hans-Uwe Lammel (Hrsg.): Die Universität Rostock in den Jahren 1933–1945. Referate der interdisziplinären Ringvorlesung des Arbeitskreises „Rostocker Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte“ im Sommersemester 2011 (= Rostocker Studien zur Universitätsgeschichte. Bd. 21). Universität Rostock – Universitäts-Archiv, Rostock 2012, ISBN 978-3-86009-132-6, PDF, 6,28 MB.
  • Ward W. Briggs (Hrsg.): Biographical Dictionary of North American Classicists. Greenwood Press, Westport CT u. a. 1994, ISBN 0-313-24560-6, S. 203–205 (Auszug bei Google Books).
  • Martin Hose: Kurt von Fritz. In: Akademie Aktuell. Ausgabe Nr. 15 = Heft 3, 2005, ISSN 1436-753X, S. 26–29 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fbadw.de%2Ffileadmin%2Fpub%2FakademieAktuell%2F2005%2F15%2F08_Hose.pdf~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D PDF, 243 kB).
  • Michael Großheim: Höchste Instanz. Kurt von Fritz und die Wahrheit in der Wissenschaft. In: Forschung und Lehre, 24. Jahrgang, 2017, S. 604–606.
  • Gerhard Jäger: Kurt von Fritz (1900–1985) als akademischer Lehrer. In: Eikasmós. Bd. 4, 1993, ISSN 1121-8819, S. 183–188.
  • Steffen Kammler: Fritz, Kurt von. In: Peter Kuhlmann, Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon (= Der Neue Pauly. (DNP). Supplementbd. 6). Metzler, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-476-02033-8, Sp. 428–431.
  • Walther Ludwig: In memoriam Kurt von Fritz. 1900–1985. Gedenkrede. Mit einem von Gerhard Jäger zusammengestellten Schriftenverzeichnis. Institut für Klassische Philologie, München 1986.
  • Sven Müller: Der nicht geleistete Eid des Rostocker Griechisch-Professors Kurt von Fritz auf Adolf Hitler – „Preußisch-starre Haltung“ oder staatsbürgerliche Verantwortung von Wissenschaft? In: Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern. Bd. 9, Heft 2, 2005, ISSN 1434-1794, S. 67–77.
  • Hans Peter Obermayer: Kurt von Fritz and Ernst Kapp at Columbia University: A Reconstruction According to the Files. In: Classical World. Bd. 101, Nr. 2, 2008, ISSN 0009-8418, S. 211–249, doi:10.1353/clw.2008.0007.
  • Hans Peter Obermayer: „Eine lebenslange Freundschaft“ – Kurt von Fritz und Ernst Kapp. In: Hans Peter Obermayer: Deutsche Altertumswissenschaftler im amerikanischen Exil. Eine Rekonstruktion. De Gruyter, Berlin u. a. 2014, ISBN 978-3-11-030279-0, S. 223–402.
  • Ruth Hanna Sachs: White Rose History. Band 2. Academic Version. Exclamation! Publishers, Phoenixville PA 2005, ISBN 0-9710541-9-3, Kapitel 2, S. 6.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Professor Kurt von Fritz – Elected 1973. In: thebritishacademy.ac.uk. Abgerufen am 16. August 2020 (englisch). 
  2. Kurt-von-Fritz-Preis für Nachwuchswissenschaftler_innen. In: fes.de. Archiviert vom Original am 7. Juli 2016; abgerufen am 21. Februar 2020. 
  3. Heike Schmoll: Zeit der Theorie. Förderprogramm für Geisteswissenschaftler. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Juni 2016, S. N4.
  4. Mehr nicht erschienen
Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Rostock

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Dritter Lehrstuhl (Griechische Philologie I): Conrad Bursian (1874–1883) | Rudolf Schöll (1885–1893) | Iwan von Müller (1893–1906) | Albert Rehm (1906–1936) | Richard Harder (1941–1945) | Friedrich Klingner (1947–1963) | Carl Becker (1963–1973) | Ernst Vogt (1975–1999) | Oliver Primavesi (seit 2000)

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Professur für Klassische Philologie/Fachdidaktik: Karl Felix Halm (1856–1882) | Markus Janka (seit 2007)

Professur für Lateinische Philologie der Antike: Niklas Holzberg (1988–2011)

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Personendaten
NAME Fritz, Kurt von
ALTERNATIVNAMEN Fritz, Karl Albert Kurt von (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher klassischer Philologe
GEBURTSDATUM 25. August 1900
GEBURTSORT Metz
STERBEDATUM 16. Juli 1985
STERBEORT Feldafing