Richard Wünsch

Richard Wünsch (* 1. Juni 1869 in Wiesbaden; † 17. Mai 1915 bei Iłża) war ein deutscher klassischer Philologe und Religionswissenschaftler.

Leben

Richard Wünsch, der Sohn des Juristen Karl Wünsch und der Hermine Roemer, wurde in Wiesbaden geboren. Schon 1872 starb seine Mutter. Der Vater zog mit Richard Wünsch 1875 nach Wetzlar um und heiratete dort Auguste Klein, die nach dem Tod des Vaters 1884 die wichtigste Bezugsperson für Richard Wünsch wurde. In Wetzlar besuchte er von 1878 bis 1887 das Gymnasium mit solchem Erfolg, dass er von der mündlichen Reifeprüfung befreit wurde. Vom Sommersemester 1887 bis zum Wintersemester 1892/1893 studierte er an der Universität Marburg klassische Philologie und wurde Mitglied des Philologisch-Historischen Vereins, der heutigen Marburger Burschenschaft Rheinfranken.[1] Noch während des Studiums leistete Wünsch bei den Marburger Jägern den Militärdienst ab und wurde Reserveoffizier beim 83. Regiment in Kassel. Nach einem Semester in Berlin und zweien in Bonn, wo er sich mit Albrecht Dieterich und Siegfried Sudhaus anfreundete und dem Philologischen Verein Bonn beitrat,[2] kehrte er im Herbst 1890 nach Marburg zurück, wo er sich eng an Georg Wissowa anschloss, der seine wissenschaftliche Tätigkeit am meisten prägte. 1893 wurde Wünsch mit der Dissertation De Taciti Germaniae codicibus Germanicis promoviert.

Anschließend unternahm er Studienreisen nach Paris, Spanien, Italien und Griechenland, teilweise begleitet von seinem Freund Dieterich, von dem er schon während des Studiums in Bonn reiche Anregung zur Religionswissenschaft erfahren hatte. Während dieser Zeit kollationierte Wünsch auch griechische Handschriften des Johannes Lydos, die er 1898 in die Wissowa gewidmeten Edition Lydus de mensibus (Leipzig, Teubner) einfließen ließ. Durch sein Handschriftenstudium stellte Wünsch den Text des Autors auf eine völlig neue Grundlage.

1895 verbrachte Wünsch einige Monate an der Universität Göttingen als Gasthörer bei Friedrich Leo und Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit den über 100 bleiernen Fluchtafeln, die er 1894 in Athen erworben hatte. Seine Edition erschien 1897 als Supplement zum Corpus Inscriptionum Atticarum. Weitere Fluchtafeln, die er 1896 aufgefunden hatte, gab er 1898 in der Dieterich gewidmeten Sammlung Sethianische Verfluchungstafeln aus Rom (Leipzig, Teubner) heraus. Im Juli desselben Jahres ging er nach Breslau, um sich bei Franz Skutsch zu habilitieren (am 24. Oktober 1898). Hier arbeitete er auch mit Conrad Cichorius, Wilhelm Kroll, Eduard Norden und Friedrich Vogt zusammen. Im März 1899 heiratete Wünsch seine Cousine Lisbeth Stübel aus Dresden, mit der er eine Tochter und drei Söhne bekam.

Im Herbst 1902 folgte Wünsch einem Ruf auf den Lehrstuhl für klassische Philologie der Universität Gießen als Nachfolger Gotthold Gundermanns, wo neben Dieterich Erich Bethe, Alfred Körte und Adolf Strack zu seinen Kollegen zählten. Hier widmete sich Wünsch neben der akademischen Lehre der Herausgabe der Schrift De magistratibus von Lydos und der antiken Religion. 1906 wurden ihm Lehrstühle in Kiel und Königsberg angeboten; er entschied sich für Königsberg, wohin er im April 1907 übersiedelte. Hier widmete er sich fast ausschließlich der Religionswissenschaft. Nach dem Tod seines Freundes Dieterich (1908) gab er dessen Kleine Schriften heraus und besorgte die Neuauflage seiner Schriften Mutter Erde, Eine Mithrasliturgie und Nekyia. 1912 erhielt er die philosophische Ehrendoktorwürde der Universität Athen. Für das Jahr 1913 wurde Wünsch zum Rektor der Universität Königsberg gewählt, trat das Rektorat jedoch nicht an, weil er auf einen Ruf an die Universität Münster seinen Wirkungsort verließ. Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig und wurde als Führer eines Bataillons schlesischer Landwehr in Polen eingesetzt. Ab Ende Februar 1915 war er in direkte Kampfhandlungen verwickelt und fiel als Hauptmann der Reserve[3] bei einem Angriff auf die russische Armee bei Iłża[4][5][6] am 17. Mai des Jahres.

Literatur

  • Hugo Hepding: Richard Wünsch. In: Hessische Blätter für Volkskunde. Band 14 (1915), S. 136–143
  • Wilhelm Kroll: Richard Wünsch. In: Indogermanisches Jahrbuch. Band 4 (1916), S. 242–244
  • Wilhelm Kroll: Richard Wünsch. In: Biographisches Jahrbuch für die Altertumswissenschaft. 38. Jahrgang (1916/1918), S. 1–11 (mit Schriftenverzeichnis).
  • Hans Lietzmann: Richard Wünsch † 17. Mai 1915. In: Hundert Jahre: A. Marcus und E. Webers Verlag, 1818–1918, Bonn 1919, S. 55.

Weblinks

Commons: Richard Wünsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Richard Wünsch – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Altherrenverband der Marburger Burschenschaft Rheinfranken e.V. http://www.mitglieder.rheinfranken.de/
  2. M. Göbel, A. Kiock, Richard Eckert (Hrsg.): Verzeichnis der Alten Herren und Ehrenmitglieder des Naumburger Kartell-Verbandes Klassisch-Philologischer Vereine an deutschen Hochschulen, A. Favorke, Breslau 1913, S. 30.
  3. Stadt Münster: Kriegschronik 1914-1918 - 1915: Soldaten - Verwundete und Gefallene. Abgerufen am 18. November 2023. 
  4. Originals vom 3. November 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.d-g-v.org (PDF; 4,5 MB)
  5. [1]
  6. [2]

Lehrstuhl I (seit 1962 Schwerpunkt Gräzistik): Friedrich Karl Rumpf (1809–1823) | Friedrich Gotthilf Osann (1825–1858) | Ludwig Lange (1859–1871) | Eduard Lübbert (1871–1874) | Adolf Philippi (1874–1893) | Eduard Schwartz (1893–1897) | Albrecht Dieterich (1897–1903) | Erich Bethe (1903–1906) | Alfred Körte (1906–1913) | Rudolf Herzog (1913–1936) | Albrecht von Blumenthal (1940–1945) | Gerhard Müller (1962–1976) | Egert Pöhlmann (1976–1980) | Manfred Landfester (1980–2002) | Peter von Möllendorff (seit 2003)

Lehrstuhl II (seit 1962 Schwerpunkt Latinistik): Heinrich Friedrich Pfannkuche (1803–1832) | Wilhelm Clemm (1874–1883) | Johannes Schmidt (1883–1892) | Richard Reitzenstein (1892–1893) | Gotthold Gundermann (1893–1902) | Richard Wünsch (1902–1907) | Otto Immisch (1907–1913) | Karl Kalbfleisch (1913–1934) | Wilhelm Süß (1934–1940) | Andreas Thierfelder (1941–1943) | Vinzenz Buchheit (1962–1989) | Jochem Küppers (1990–1997) | Helmut Krasser (seit 1999)

Lehrstuhlinhaber für Klassische Philologie an der Albertus-Universität Königsberg

Erster Lehrstuhl: Samuel Gottlieb Wald (1786–1806) | Carl Erfurdt (1810–1813) | Christian August Lobeck (1814–1857) | Ludwig Friedländer (1858–1892) | Ludwig Jeep (1893–1910)

Zweiter Lehrstuhl: Karl Lehrs (1845–1878) | Arthur Ludwich (1878–1912) | Ludwig Deubner (1912–1917) | Ludolf Malten (1919/1920–1922) | Johannes Mewaldt (1923–1927) | Richard Harder (1927–1930) | Paul Maas (1930–1934) | Walter F. Otto (1934–1945)

Dritter Lehrstuhl: Henri Jordan (1867–1886) | Alfred Schöne (1887–1892) | Johannes Schmidt (1892–1894) | August Brinkmann (1896/1900–1902) | Richard Heinze (1903–1906) | Richard Wünsch (1907–1913) | Otto Immisch (1913–1914) | Karl Meister (1916–1921) | Ernst Bickel (1921–1928) | Wolfgang Schadewaldt (1928–1929) | Harald Fuchs (1929–1932) | Willy Theiler (1932–1944) | Werner Hartke (1944–1945)

Extraordinariat: Ludwig Jeep (1886–1893) | August Brinkmann (1896–1900) | Hermann Schöne (1903–1906) | Ludwig Deubner (1906–1912) | Christian Jensen (1912–1913) | Hermann Mutschmann (1913–1918) | Ludolf Malten (1919–1920)

Erster Lehrstuhl: Hermann Ludwig Nadermann (1821–1853) | Ferdinand Deycks (1843–1867) | Peter Langen (1868–1897) | Peter Sonnenburg (1898–1928) | Franz Beckmann (1931–1963) | Hermann Tränkle (1963–1972) | Christian Gnilka (1972–2002) | Christine Schmitz (seit 2002)

Zweiter Lehrstuhl: Franz Winiewski (1838–1874) | Johann Matthias Stahl (1874–1906) | Wilhelm Kroll (1906–1913) | Richard Wünsch (1913–1915) | Hermann Schöne (1916–1935) | Walter Eberhardt (1937–1946) | Friedrich Mehmel (1947–1951) | Richard Harder (1952–1957) | Gerhard Müller (1958–1962) | Martin Sicherl (1963–1982) | Wolfgang Hübner (1986–2004) | Alexander Arweiler (seit 2004)

Dritter Lehrstuhl (bis 1918 Extraordinariat): Franz Ignaz Schwerdt (1861–1868) | Adalbert Parmet (1869–1898) | Carl Hosius (1897–1906) | Ludwig Radermacher (1906–1909) | Karl Münscher (1909–1936) | Rudolf Güngerich (1951–1953) | Hermann Kleinknecht (1953–1960) | Heinrich Dörrie (1961–1980) | Hermann Wankel (1981–1991) | Adolf Köhnken (1992–2002) | Christian Pietsch (seit 2003)

Vierter Lehrstuhl: Otto Hiltbrunner (1962–1979)

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Personendaten
NAME Wünsch, Richard
KURZBESCHREIBUNG deutscher Klassischer Philologe und Religionswissenschaftler
GEBURTSDATUM 1. Juni 1869
GEBURTSORT Wiesbaden
STERBEDATUM 17. Mai 1915
STERBEORT bei Iłża